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Aufhebungsvertrag: Wirksamkeit trotz Androhung einer fristlosen Kündigung

06.04.22

Ein Aufhebungsvertrag kann unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande kommen und dadurch unwirksam sein. Die Verknüpfung des Vertragsangebotes mit der sofortigen Annahme unter Kündigungsandrohung begründet für sich genommen jedoch keinen solchen Verstoß. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Im konkreten Fall hatte eine Arbeitnehmerin unberechtigt Einkaufspreise in der EDV ihres Arbeitgebers reduziert, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Der Geschäftsführer des Unternehmens stellte sie daraufhin zur Rede und legte ihr einen Aufhebungsvertrag zur sofortigen Annahme vor. Zugleich drohte er der Arbeitnehmerin mit einer fristlosen Kündigung und einer Strafanzeige. Ihrer Bitte, eine längere Bedenkzeit zu erhalten und Rechtsrat einholen zu können, wurde nicht entsprochen. Die Mitarbeiterin unterzeichnete den Vertrag, klagte jedoch im Nachhinein vor dem Arbeitsgericht auf den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitgeber habe mit seinem Vorgehen gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht wies sie auf die Berufung des Arbeitgebers hin ab.

Kürzlich hat auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Sinne des Arbeitgebers entschieden (Urteil vom 24. Februar 2022, Aktenzeichen: 6 AZR 333/21). Zwar könne ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande kommen und dadurch unwirksam sein. Der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss des Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig macht, begründe für sich genommen jedoch keinen solchen Verstoß.

Das gilt laut BAG auch dann, wenn der Arbeitnehmerin dadurch weder eine Bedenkzeit verbleibt noch der erbetene Rechtsrat eingeholt werden kann. Vielmehr komme es auf Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation an: Ein verständiger Arbeitgeber durfte laut BAG im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen. Der Arbeitgeber habe nicht gegen das Gebot fairen Verhandelns verstoßen und der Aufhebungsvertrag sei somit wirksam.

VAA-Praxistipp:
Das BAG hat mit seinem Urteil klargestellt: Das von ihm entwickelte Gebot des fairen Verhandelns ist restriktiv auszulegen und der Grundsatz der Vertragstreue steht im Vordergrund. VAA-Mitglieder sollten in jedem Fall – unabhängig von den jeweiligen Umständen – vor der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages die Unterstützung durch die VAA-Juristen in Anspruch nehmen.

Dieser Artikel ist erstmals im VAA Magazin in der Aprilausgabe 2022 veröffentlicht worden.

Quelle: vaa.de



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